Eat – Sleep – Chemotherapy – Repeat!

Eigentlich hatte ich ja vor, hier nach und nach von meiner Krebsgeschichte zu berichten. Mir alles von der Seele zu schreiben und damit Außenstehenden einen gewissen Einblick zu gewähren bzw. Betroffenen zu zeigen, dass sie nicht allein sind. Eigentlich wäre als nächstes die Geschichte meiner Bestrahlung an der Reihe gewesen. Eigentlich. Doch dann holt einen der Alltag wieder ein. Man geht wieder arbeiten, frönt seinen Hobbies und das Kind will ja auch umsorgt werden. Oft dachte ich mir, ich müsste eigentlich mal wieder schreiben, habe aber einfach den Kopf nicht dafür gehabt. Dieses Mal wird es wohl anders laufen. 

Dieses Mal werde ich nämlich mehr oder minder live berichten können. Ich muss nicht ganz von vorne anfangen, denn ich bin mal wieder am Anfang. Ich kann nicht versprechen, dass ich oft schreiben werde und auch nicht wie lang oder kurz die Beiträge sein werden. Es wird wohl Tagesform abhängig sein.

Aber nun zu den Fakten.

Mitte Mai hatte ich plötzlich ein seltsames Gefühl, wie ein „Gluckern“ auf der linken Seite, ein kleines Stück unterm Brustkorb. Merkwürdige Muskelzuckungen gesellten sich dazu. Und dann kurze Zeit später ein heftiger Schmerz auf Höhe des Brustbein. „Verdammt! Nerv eingeklemmt!“ dachte ich. Also ging ich ins Bett – es war ja ohnehin schon spät. Wenn ich mich erstmal entspannen würde, würde es schon wieder aufhören. Am nächsten Morgen war es aber noch immer da. Es raubte mit regelrecht den Atem vor Schmerz. Als ich mich auf die Seite drehte, spürte ich eine Schwere in der Brust. „Der blöde Nerv ist hartnäckig!“ Ich rief meine Zweitmama an, da ich unfähig war, vor Schmerz überhaupt aus dem Bett zu kommen. Sie war sofort zur Stelle, verpasste mir eine Wärmflasche und gab meinem Bitten nach, bis Montag erstmal nichts zu unternehmen. Dann würde meine Hausärztin das schon klären.

Das Wochenende war ziemlich schmerzbehaftet. Am Samstag ließ ich mich noch zu meiner Schwester fahren, da wir zusammen Fußball schauen und Pizza backen wollten mit den Kids. Doch es wurde immer schlimmer und schlimmer. Obwohl es wirklich warm war, lag ich beim Spiel mit einer Decke da und zitterte regelrecht vor Kälte. Da wurde mir doch langsam mulmig.

Am nächsten Tag brauchte ich sage und schreibe 1 1/2 Stunden um mich irgendwie aus dem Bett zu rollen. Laufen ging so gar nicht. Völlig eingekauert saß ich auf der Bettkante und heulte vor Schmerz und Sorge. Kurzerhand packte meine Schwester mich ein um mich in das nah liegende Krankenhaus zu fahren. Dort wollte ich mir eine Spritze zur Muskelentspannung geben lassen und schnellstmöglich Heim auf die Couch. Trotzdem machte mich die Situation so fertig, dass ich kaum fähig dazu war der Frau beim Notdienst zu erklären was los ist. Sie beruhigte mich und meinte „Da wird schon nichts sein. Wir nehmen mal Blut ab und machen ein EKG aber sie sind ruckzuck wieder hier raus. Sie werden schon sehen.“ Also gut. EKG war top.

Dann kam der Arzt, hörte mich kurz ab und meinte es wäre bestimmt nur etwas wegen meinem Asthma. Ich dachte er verarscht mich. Ich erklärte ihm dass ich bereits seit 20 Jahren Asthma habe und das hier gerade ganz sicher nichts damit zu tun hätte. Im Bezug auf einen eingeklemmten Nerv meinte er, ich solle schwimmen gehen. Ahja. Aber wir werden mal noch die Blutergebnisse abwarten.

Als diese dann da waren, wurde er ein wenig blass. Er meinte ein Wert wäre sehr auffällig, ich würde jetzt mal stationär aufgenommen werden. Verdacht auf Lungenembolie. Da wurde ich dann auch blass. Damit hatte ich so gar nicht gerechnet. Er auch nicht.

Nach sämtlichen Gepiekse ging es direkt zum CT. Kurz darauf tauchte der Arzt dann auch wieder auf und meinte dass man zwar von einer Embolie nichts sehen würde, ich aber Wasser in der Lunge hätte. Wie zur Hölle kommt da denn bitte Wasser rein?! Also ab aufs Zimmer, Beine wickeln lassen und ab an den Sauerstoff. Alles sehr beängstigend. Meine Mama kam umgehend mit einer Freundin ins Krankenhaus. Auch meine Zweitmama war sofort wieder zur Stelle.

Am nächsten Tag wurde dann auch schon der erste Ultraschall gemacht. Und die Punktion. Treue Leser wissen ja wie ich zu langen Nadeln in meinem Körper stehe. Das ist für mich mit das gruseligste was man machen kann. Zumindest wenn ich dabei wach bin. Doch leider musste ich für diese Prozedur nicht nur wach sein, sondern auch noch leicht nach vorn gebeugt sitzen. Zum Glück war meine Zweitmama auch hier wieder dabei. Hätte sie mich nicht an den Schultern festgehalten und meinen Kopf mit ihrem gestützt, wäre ich wohl einfach nur noch umgekippt. Ich habe noch nie in so kurzer Zeit so heftig geschwitzt.

Der Arzt entnahm einiges der Flüssigkeit um es untersuchen zu lassen. Das sollte nun etwa 4 Tage dauern. Also wieder auf Ergebnisse warten. Zum Glück hatte ich mittlerweile zwei richtig tolle Frauen auf meinem Zimmer, die mir den Aufenthalt sehr erleichterten. Auch das Pflegepersonal war wirklich top. Unheimlich waren eher die (vermutlich dementen) Leute, die Abends „Feuer! Feuer!“ riefen oder mit einem Servierwagen plötzlich durch den Flur rasten, um ein Kind zu suchen.

Ich heulte vor Glück, als mir der Stationsarzt sagte, dass keine Krebszellen im Erguss gefunden wurden. Alles andere würde ich schon wuppen! Übrigens war dieser Arzt der einzige, der mich gelegentlich auch mal abhörte und ich das Gefühl hatte, überhaupt ernst genommen zu werden. Der Oberarzt, der mich nach dem Ergebnis wieder ranzitierte, stempelte mich schnell als Heulsuse ab. Vor allem nachdem es hieß dass nochmal punktiert werden müsste und ich vehement den Kopf geschüttelt hatte. „Wie haben sie denn bitte das Tattoo ausgehalten?“ wollte er wissen. Ich lächelte ihn überfreundlich an und meinte „Soll ich ihnen den Trick verraten? Der hat nicht bis kurz vor meine Lunge gestochen!“

Dieses Mal waren noch zwei neue Ärzte mit dabei, denen er alles erklärte. Ich hatte das Gefühl es dauerte Stunden bis er endlich anfing. Ich war so stolz auf mich. Kein Zusammenbruch. Irgendwie ging diesmal auch alles bisschen schneller. Bis ich plötzlich das Wort „Tabaksbeutelnaht“ hörte. Das kannte ich von der OP meines Vaters. Dann hieß es auch schon „So! Drainage liegt!“ Waaaaaaaas?! „Ich dachte sie wollen nur das Wasser wieder entfernen?!“ „Eine Drainage ist da besser!“ sagte er und verließ kurz darauf den Raum. Eine Frau zog dann über die Drainage einen Liter Flüssigkeit ab. So schnell habe ich noch nie 1 kg abgenommen!

Zurück auf dem Zimmer war ich erstmal fix und fertig. Kaum dass die örtliche Betäubung nachließ, waren das höllische Schmerzen. Ich hätte mir das Ding am liebsten wieder ziehen lassen. Schon alleine deshalb, weil einfach über meinen Kopf hinweg entschieden wurde. Ich wusste ja dass die Drainage wichtig war. Und ich hätte auch sicher eingewilligt. Aber mal zu fragen wäre schon toll gewesen!

Mit der Zeit gewöhnte ich mich an den Schlauch, der nochmal um die 300 ml größtenteils roter Flüssigkeit aus meinem Pleuraspalt beförderte. Danach war Ruhe. Ich war ja so glücklich, dachte dass der Schlauch bald wieder gezogen werden könnte, wenn ich das Wochenende erstmal überstanden habe. Mittlerweile war ich dann auch schon wieder alleine in dem 3-Bett-Zimmer.

Am nächsten Tag wurde ich wieder zu dem empathielosen Oberarzt gerollt. Er wollte nun nochmal Flüssigkeit raus ziehen, nachdem für ihn klar war, dass ich eine Lungenfellentzündung habe. Nach der dritten Spritze hatte ich plötzlich so heftige Schmerzen im Rücken, dass ich dachte er bricht mir die Wirbelsäule. Er hielt kurz inne und ich spürt plötzlich ein erlösendes Gefühl. Vielleicht hatte sich der Schlauch innen festgezogen. Oder was auch immer. Aber das reichte dem Schlächter nicht. Er setzte nochmal an. Wie aus dem Nichts hatte ich das Gefühl, alle meine Organe ziehen zur Mitte hin. Das waren Schmerzen ohne Ende. Ich bekam auch deutlich weniger Luft als zuvor. Ich schrie sofort dass etwas nicht stimmt und es gerade wirklich weh tut, ich auch Atemnot habe. Ganz gemütlich warf er die Spritze in den Mülleimer und ging mit den Worten „Bis später.“ lässig aus dem Zimmer.

Ich krümmte mich im Bett vor Schmerzen und sagte immer wieder dass irgendetwas nicht stimmt. Doch man ignorierte meine Rufe. Ich wurde immer panischer, brüllte das halbe Krankenhaus zusammen dass ich keine Luft bekomme, mir aber keiner hier glaubt. Es war der blanke Horror! Ich wurde auf mein Zimmer gerollt, bekam eine Beruhigungstablette und zum Glück einen schnellen Besuch vom Stationsarzt, der wohl als einziger in der Abteilung der weißen Götter sowas wie Einfühlungsvermögen besaß. Er schaffte es dass ich mich beruhigte und so bekam ich auch wieder allmählich Luft. Meine Seite hat aber noch immer heftigst geschmerzt. Schmerztabletten waren von nun an mein bester Freund.

Sonntag Nacht war dann leider die Ruhe vorbei. Am Abend kam eine ältere Frau in mein Zimmer, die wirklich laut schnarchte. In der selben unruhigen Nacht wurde dann auch noch eine völlig hysterische Frau in unsere Mitte geschoben. Sie fauchte alles und jeden an, obwohl man ihr doch nur helfen wollte. Ich habe sie dann versucht in ein Gespräch zu verwickeln um sich abzulenken. Prompt war ihre Atmung besser. Kaum dass ich wieder schlafen wollte, wurde es bei ihr wieder schlimmer. Seltsam.

Der nächste Tag war wieder von vielen Beschimpfungen, Unfreundlichkeiten und Gezicke behaftet. Sie wollte einfach nicht verstehen dass an einem Feiertag eben nur Notbesetzung in so einer kleinen Klinik vorhanden ist und es eben auch noch wirkliche Notfälle gibt. Ich habe mit Engelszungen auf die eingeredet, sie solle mal versuchen sich abzulenken und sich zu entspannen. „Ich brauche keine dummen Ratschläge, sondern einen Arzt!“ Danke. Fick dich! Sie hat so lange einen Aufstand gemacht bis tatsächlich ein Arzt kam und sie ruhig gestellt hat. Wobei Ruhe da relativ ist. Die Frau hat sogar im Schlaf geredet!

Dienstag bekam ich kaum einen Arzt zu Gesicht. Als der nette Stationsarzt zur Visite da war, machte die Dramaqueen neben mir direkt einen Aufstand „Warum sagt mir denn keiner was ich habe. Muss ich sterben? Ich muss sterben!“ Nicht dass wir ihr schon die ganze Zeit alle gesagt hätten dass am Feiertag eben nicht viel passiert. Der hervorragende Arzt erklärte ihr mit seiner ruhigen Art dass sie nicht in einem Gefängnis sei und sich gern jederzeit selbst entlassen kann wenn sie so unzufrieden ist. Plötzlich war sie handzahm. Hatte aber auch seine volle Aufmerksamkeit.

Ich gewöhnte mich dann irgendwann fast schon daran, dass sie immer auf sich aufmerksam machte, wenn ein Arzt oder ein Pfleger wegen mir da war. Es kam nicht nur einmal vor, dass ich plötzlich links liegen gelassen wurde, weil sie wieder geplökt hat. Ich merkte wie immer mehr Wut in mir aufstieg. Diese egozentrische, unverschämte Art kotzte mich an. Daher war es wohl auch klar, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ich platzte. Schon an dem einen Abend habe ich sie mal darauf hingewiesen, dass es Worte wie Bitte und Danke gibt und sie verdammt unverschämt ist. Außer einen dummen Blick und ein „Was wollen sie denn jetzt?“ hat sie nicht hinbekommen.

Am nächsten Tag war es dann auch soweit. Kaum war ihr Mann da, wurde erstmal über sämtliche Schwestern gelästert, über alles gemeckert und negative Scheiße versprüht. Genau das was man eben so braucht, wenn man gesund werden will. Ich versteckte mich eine Dreiviertelstunde im Bad, schaffte es immerhin das erste Mal mich wieder selbst zu waschen und fertig zu machen. Als ich raus kam, zeterte sie noch immer. Ich atmete so tief durch wie ich konnte. Ihr Mann predigte ihr die ganze Zeit, sie solle doch mal bei sich bleiben, sich beruhigen und dass hier auch noch andere Leute sind. Ich konnte nicht mehr an mich halten, drehte mich um und fragte „Können sie bitte mal auf ihren Mann hören?!“ Irritiert schaute sie zu mir rüber „Was denn jetzt?“ Und da platzte es auch schon aus mir heraus. Ich sagte ihr, dass ich ihr Gemecker und diese ganze negative, unfreundliche Scheiße nicht mehr ertrage. Seit zwei Tagen hörte man auf dem Zimmer nichts anderes mehr. Sie sei hier nicht alleine und es gibt auch noch andere Menschen die hier gesund werden wollen! Die Pute fuhr mich zurück an „Was wollen sie überhaupt?! Sie haben sich doch schon hinter ihrem Elektrosmog eingemauert!“ „Aber scheinbar reicht das nicht aus!“ keifte ich sie wiederum an. Als bösen Elektrosmog (in einem Krankenhaus!) bezeichnete sie mein Handy und meinen Laptop. Ich wette daheim rennt sie mit einem Aluhut herum.

Natürlich ging das alles noch schön hin und her, ich regte mich immer mehr über diese Dreistigkeit von ihr auf, bis ich plötzlich selbst wieder heftigste Schmerzen in der Seite hatte und keine Luft mehr bekam. Schnell eilte eine Schwester herbei. Das war der Moment wo ich nur noch schrie „Entfernen sie bitte sofort diese Person!“ Leider bekam ich nur das Angebot mir ein neues Zimmer geben zu lassen. Da wurde ich dann auch zickig. Ich war zuerst da! Und ich hatte das Zimmer schon so schön mit den Bildern meiner Tochter geschmückt. Pah! Wenn die sich weiter so aufspielt, ekel ich die raus! Als sie wieder mal zu einer Schwester unfreundlich war, lächelte ich diese freundlich an und sagte im Namen der „Pute“ danke.  Sonst ignorierte ich sie. Nach einer Stunde hatten wir uns beide abgeregt und die Pute war plötzlich ein ganz normaler Mensch. Sie war sogar fast freundlich! Scheinbar hat sie mal so eine Ansage gebraucht. Wir trauten uns dann zwar nicht wirklich über den Weg, schafften es aber weitestgehend höflich zu bleiben. Eben jeder so wie er es kann.

Am Mittwoch war dann auch der Oberarzt nochmal bei mir. „Wurde mal gespült?“ Ich blinzelte irritiert „Äh, bitte was?“ Schon war er wieder draußen und kam mit Kochsalzlösung bewaffnet zurück. Natürlich war die Drainage verstopft. Das war dann auch der Grund warum nichts mehr kam. Nach dem Spülen war ich den nächsten halben Liter an Flüssigkeit los. Na prima. Das frustrierte mich so richtig.

Am nächsten Tag wurde dann von einer lieben Schwester gespült. Es war schon wieder verstopft. Die nächsten 300 ml verließen den Spalt zwischen Lungen- und Rippenfell. Der Stationsarzt war wegen des vielen Blutes im Erguss sehr unsicher. Er meinte ich solle doch mal lieber meinen Onkologen hinzuziehen, einfach nur um sicher zu gehen. Etwas das ich so gar nicht hören wollte. Ich wollte einfach nur dass es sich warum auch immer entzündet hat und nun schnell wieder heilt. Der Oberarzt meinte aber dass ein blutiger Erguss bei sowas normal sei. Ich müsse mir halt überlegen wem ich nun glauben will. Yay!

Von nun an ließ ich öfter spülen und schnell wurde es immer weniger Flüssigkeit. Endlich! Fast zwei Wochen war ich nun schon im Krankenhaus. Das gute war, dass ich nah an Zuhause war. So besuchten mich wirklich viele Freunde und Verwandte. Vor allem die Besuche meiner Tochter hellten jedes Mal meine Stimmung auf. An dieser Stelle erstmal: Danke an alle die da waren! Ich habe mich über jeden einzelnen riesig gefreut! Auch wenn ich aussah wie Lumpi und ich nie erwartet hätte, dass mich eine meiner Freundinnen oder meine Schwester mal abduschen würde.

Am Freitag kam der Oberarzt mal wieder auf Station und auch direkt zur Sache „Wir verlegen sie heute nach Darmstadt in die Chirurgie damit die Lunge verklebt werden kann!“ „Ähhh… bitte was?! Aber es kommt doch kaum noch was raus!“ Er schaute sich die Drainage an und stimmte zu, erstmal noch einen Ultraschall zu machen. „Stimmt. Kaum noch was drin. Was halten sie davon nach Hause zu gehen?“ Ich grinste fast im Kreis. „Viel!“ „Also gut. Wir sehen uns am Montag wieder. Dann schauen wir wieviel Wasser noch drin ist und entscheiden wie es weiter geht.“ Juhu!

Meine Mama kam am Samstag direkt zu mir und blieb über Nacht damit ich nicht so alleine war. Meine Tochter ist leider genau zu dem Wochenende krank geworden, so dass wir uns gar nicht sehen konnten.

Montag ging es dann wieder in die Klinik. Meine Zweitmama begleitete mich, da meine Mama wieder arbeiten musste. Beim Ultraschall meinte der Arzt, dass unten alles trocken wäre. Nur weiter oben wäre noch Flüssigkeit abgekapselt. Er könne aber beim Ultraschall nicht genau erkennen wieviel das ist. Also zur Sicherheit noch ein CT.

Nach dem vierten Versuch lag dann auch endlich der Zugang und ich konnte mich wieder durchleuchten lassen. Die Wartezeit danach machte mich immer nervöser. Eine Schwester meinte zwischendrin mal dass der Doktor die Bilder nun vorliegen hätte und er sicher gleich mit uns reden würde. Noch nervöser wurde ich, als er ins Büro einer anderen Ärztin ging. Irgendetwas stimmte einfach nicht.

Kurz darauf kamen beide raus. „Wir machen nochmal Ultraschall.“ Okay. Hier war was faul. Und zwar so richtig! Ich war von den typischen Ablenkungsfragen einfach nur genervt und sagte dass ich gerade ziemlich nervös werde. Keine Antwort. Sie starrten weiter in den Monitor und ich sah das betrübte Gesicht von dem Oberarzt „Was haben sie gefunden?!“ hakte ich nun energischer nach. Die Ärztin fixierte mich und sagte „Sie haben Auffälligkeiten in der Leber.“ Ich wollte mich kneifen um zu sehen ob ich gerade wieder irgendeinen Scheiß träumte. Aber es war leider Realität. Irgendwer erzählte noch etwas von mehreren Punkten, einem etwas größeren. Die nächsten Worte waren „Onkologe“, „Vorgeschichte“ und „Chemo“ die hängen blieben. Das kann doch einfach nicht wahr sein…

Ich brach in Tränen aus, jammerte dass ich doch alles, wirklich alles getan hatte, damit das scheiß Ding nicht wieder kommt. Das darf einfach alles nicht sein! Mir wurde Zeit gelassen so viel ich wollte, damit ich mich sammeln und für den Gang runter zum Onkologen wappnen konnte. Ich war wie in Schockstarre.

Der Onkologe sprach ebenfalls von einer weiteren Chemo. Das erste Mal hörte ich das Wort „Metastasen“ und war nur noch mehr von der Rolle. Nicht schon wieder! Nicht jetzt schon! Ich will mehr Zeit! Ich will mein Kind aufwachsen sehen! Werde ich sterben? War es das jetzt? Ich habe immer gesagt so lange nichts an den Organen ist, schaffe ich es. Und jetzt? Jetzt ist da was an meinen Organen. Vermutlich sogar schon an der Lunge. Wer weiß wo noch.

Ich entschied umgehend erstmal wieder zu meinem Vater und meiner Zweitmama zu ziehen. Alleine würde ich das nicht durchstehen. Auch hatte ich das Bedürfnis möglichst schnell einigen Leuten davon zu erzählen, einfach nur um es selbst glauben zu können. Selbst jetzt, drei Tage danach kann und will ich es einfach nicht glauben, dass nun alles wieder von vorne losgeht. Werde ich es wieder schaffen? Ist es schon zu spät? Wo ist es schon überall? Da neben zwickt es immer mal. Ist da schon was? Und da oben zieht es auch schon länger. Vielleicht ein dicker, fetter Lymphknoten? Scheiße. Was mache ich wenn es schon im Hirn ist? Panik pur!

Ich kenne diese Phase noch sehr gut. Es ist die schwierigste überhaupt bei so einer Diagnose. Man weiß einfach nicht wo man genau steht, was schon betroffen ist und was auf einen zukommt. Ob ich kämpfe? Sicher! Ob ich Angst habe? Ja, verdammt!

Alles was ich gerade will, ist dass gegen dieses hartnäckige Scheißvieh vorgegangen wird. So schnell es geht. Ich habe das Gefühl, einen Wettlauf gegen die Zeit zu haben. Gegen diese verfluchten Zellen, die gerade meinen Körper erobern.

Der Spezialist bei dem ich war meinte zwar dass es vollkommen ausreicht in den nächsten zwei Wochen zu starten aber mir schnürt sich immer mehr alles zu. Er war sehr zuversichtlich dass wir ein Mittel finden das mir hilft „es wieder in den Griff zu kriegen.“ Das ist meine größte Sorge. Es muss einfach wirken. Das andere was mir Angst macht ist, dass keiner mehr von Heilung spricht. Werde ich jetzt alle paar Jahre wieder so eine Tortur mitmachen müssen, bis alles ausgeschöpft ist oder mein Körper es einfach nicht mehr aushält? Der Traum irgendwann mal wieder so zu leben wie vor der Erstdiagnose ist zerplatzt wie eine Seifenblase.

Ich will leben!

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